Im Grunde wissen wir doch alle, wie es funktioniert – theoretisch. Gesunde Ernährung, aktiv und sportlich sein, frische Luft, genug Schlaf, viel Wasser und dann purzeln die Pfunde. Warum aber schaffen es so viele nicht ihr Gewicht auf einen „Wohlfühlzustand“ zu bringen? Was hält uns auf und wie können wir das ändern?
Ich kämpfe schon lange Jahre mit meinem Gewicht. Zeitweise wog ich weit über 30 kg zu viel, jetzt sind es nur noch gut 20 kg zum „Normalgewicht“. Es hat bei mir fast zwei Monate Reha gebraucht, um endlich anzufangen, um endlich umzulenken. Die Richtung stimmt jetzt, aber es gab Jahre, da wurde es einfach immer mehr, schleichend und fies haben sich Fettpölsterchen zu ausgewachsenen Polstern entwickelt; trotz oder vielleicht sogar wegen der Diäten. Das Ekligste, das ich je versucht habe, war die Diät, in der ich über drei Wochen morgens nur schwarzen Kaffee trinken „durfte“, obwohl ich Kaffee eigentlich gar nie trinke und sogar ziemlich widerlich finde.
Hinterher waren statt der versprochenen 10 kg nur 3 kg runtergequält, die Diät war am Ende – und jetzt? Noch während ich diese Frage stellte, waren auch schon 5 kg dazu gekommen.
Wir sind uns einig: Diäten sind der letzte Schrott!
Ok, verstanden; es muss eine Lebensumstellung her. Aber dafür sind wir doch viel zu beschäftigt, die „To Do Listen“ quellen über; das „Keine-Zeit-Syndrom“. Wir feilen an Karrieren, haben Familie. Wir wollen schnell abnehmen, sofort Ergebnisse, zack zack, und weil wir wissen, dass es auf die Art sowieso nicht funktioniert, lassen wir es lieber ganz bleiben. 1000 mögliche Ausreden, warum es nun heute, jetzt gerade, einfach nicht geht, geben uns den Rest. Also doch wieder Couch, doch wieder Lieferheld. Gesunde Ernährung, viel Sport, das klingt hervorragend, passt aber doch eigentlich gar nicht in unser Leben!
Am Ende des Tages hapert es selten an fehlender Kenntnis. Ich lehne mich mal aus dem Fenster und sage, es liegt nicht mal an mangelnder Zeit. Du weißt so gut wie ich, wie es laufen könnte und müsste. Ich glaube, wir scheitern an uns selbst!
- Prioritäten – Was ist wichtig? Und was ist das Wichtigste?
Viele Menschen mit Übergewicht sind wahnsinnig aufopfernde Persönlichkeiten. Sie denken an alle und alles, nur nicht an sich selbst. Was bringen aber Erfolg, Anerkennung, ja selbst Familie, wenn Du irgendwann – viel zu früh – Diabetes bekommst, Deine Arterien „zumüllst“, einen Schlaganfall erleidest, wenn Du Dich kaum noch bewegen kann, immer depressiver wirst, kaum Luft bekommst und einfach nur todunglücklich bist!? Das bringt nichts, und vor allem niemandem etwas.
Es kommt der Punkt in Deinem Leben, an dem Du Dich grundsätzlich fragen solltest, an welcher Stelle Du und Deine Gesundheit stehen. Alle Rollen, die Du einnimmst, kannst Du nur spielen, wenn Du gesund bist und bleibst. Jeder, der schon mal ernsthaft krank war, ob seelisch oder physisch, der weiß, dass das Kümmern, Hegen und Pflegen des eigenen Körpers nicht nur wichtig ist, es ist eine Notwendigkeit! Setze also ein A davor.
Ein gesunder Lebenswandel führt zum Wohlfühlgewicht, es ist eine unvermeidliche und willkommene Nebenerscheinung. Der Punkt ist nicht das „Runterhungern“, es geht darum gesund zu sein. Zeit kannst Du Dir ab jetzt guten Gewissens nehmen – denn Du weißt, es gibt NICHTS, das wichtiger ist.
- Mut – Schaffe ich das???
Neues probieren, Gewohnheiten ablegen, Umdenken, alleine schon das Erkennen des Problems, erfordert Mut. Wie gemütlich und kuschelig es sich auch in Deiner sicheren „Komfort-Blase“ anfühlt – raus da! Die macht Dich nicht glücklich und wenn dann nur für den Moment. Was ist aber mit dem Rest Deines Lebens!?
Als ich im Oktober 2016 in die Reha kam, hatte ich eine riesige Angst vor allem, was nun auf mich zukommen würde. Die Jahre zuvor hatte ich eigentlich nur gearbeitet, bis nachts um 3 Uhr auf Bühnen gestanden, an meinem Traum gefeilt. Hinzu kamen familiäre Sorgen, finanzielle Nöte und zu guter Letzt auch noch sehr schmerzhafter Liebeskummer. Für alles Weitere fehlte mir die Kraft. Ich war dabei mich zu vergessen.
Gott sei Dank gab es diesen einen Punkt der Erkenntnis. Ich sah in den Spiegel und diesmal sah ich wirklich hin. Das war furchtbar, es war schmerzhaft, aber es war nötig. Wollte ich wirklich weiter in knallengen Spanx, eingequetscht wie eine Presswurst, auf der Bühne stehen, schwitzend und um Luft ringend? Bitte, bitte nicht!
Ich checkte also in einer psychosomatischen Klinik ein. Übergewicht und seelischer Zustand hingen laut der Ärzte unmittelbar zusammen. Kennst Du diese Abwärtsspirale? Je dicker Du wirst, desto trauriger und schwächer fühlst Du Dich. Je trauriger und schwächer Du Dich fühlst, desto dicker wirst Du. Kein Antrieb, kein Lebensmut. Diese Spirale gilt es zu durchbrechen. Die Angst ist immer nur vorher da, die ist in Deinem Kopf. Es ist ok, lass’ sie labern… und mache es trotzdem. Schon der Weg ist eine Befreiung. Und dann erst die Ergebnisse. Viel zu schön, um Deine Angst siegen zu lassen!
Bei mir war es z.B. der Mut, sich mit knapp 100 kg ins Schwimmbad zu begeben. Was denken die anderen, lachen die mich aus? Kann ich meinem schwächlichen, unfitten Körper Sport überhaupt zutrauen? Schaffe ich das??? Oh Angst, Du machst es einem manchmal nicht leicht.
Nachdem ich mich das erste Mal überwunden hatte, ging ich in der Reha-Zeit fast jeden Tag schwimmen und belegte hinterher im heimischen Hallenbad einen „Kraulkurs“. Ich hatte mich wieder. „Ich bin ja eigentlich voll die Wasserratte, hatte ich total vergessen.“
Was bist Du? Was könnte Dir gefallen? Habe den Mut Dich wieder zu entdecken. Probiere neue Dinge aus. Wie wäre ein Yogakurs? Nordic Walking? Ein Kochkurs?
Zeit dafür hast Du – das hatten wir weiter oben schon besprochen. 😉
- Bedingungslose Liebe – zu Dir selbst
Bedingungslose Selbstliebe verleiht Dir Flügel. Selbsthass bremst Dich nur aus.
Und was habe ich mich in der Vergangenheit zerfleischt. Es war ein permanentes Versuchen und Scheitern, bis es dann in der totalen Resignation endete. „Lass’ es, Du bist einfach viel zu schwach. Du kriegst es nicht gebacken!“
Statt aber mit sich zu sprechen, als wäre man sein größter Feind, geht es darum sich wie die beste Freundin zu behandeln. Du bist kein ekelhaftes, faules Schwein. Du bist auch nicht wertlos. Du bist es sehr wohl wert gut behandelt zu werden – ganz besonders von Dir selbst.
Würdest Du Deiner besten Freundin unkontrolliert Fast Food „reinstopfen“? Würdest Du tatenlos zusehen, wie sie körperlich immer mehr abbaut? Nein, das würdest Du nicht! Aus Liebe! Wer beschließt sich zu lieben, wird die Kraft entwickeln sich zu verändern, nach vorne zu blicken, zu fliegen. Aber auch – und das ist ganz enorm wichtig – sich zu verzeihen.
Ich habe jetzt seit ein paar Monaten nicht weiter abgenommen. Laut BMI bin ich immernoch ein „Fall Adipositas“, also krankhaft fettleibig. Statt mich aber völlig fertig zu machen, mir wie früher zu erzählen ich sei ein Loser, habe ich gelernt das abzustellen. Reha, Therapie, naja, manch einer braucht eben ein bisschen länger. J
Stattdessen gucke ich heute darauf, was ich bereits geschafft habe, erfreue mich an meinen neuen, schicken Klamotten, sehe die 17 kg, die nun weg sind und nicht permanent nur die, die noch fehlen.
Es wird immer schlechte Tage geben, schlechte Monate, in denen es nicht vorangeht. Tage, an denen man eben einfach mal keinen Bock hat. Und auch das ist ok, solange man sich verzeiht und nicht sein Ziel aus den Augen verliert: Gesund zu sein und gesund zu bleiben, innen wie außen.
Zum Abschluss möchte ich noch eines feststellen: Niemals und unter keinen Umständen bist Du weniger wert als jemand anderes, dünneres, vermeintlich schöneres, wie auch immer. Dein Wert misst sich niemals an Deinem Gewicht! Das ist ganz wichtig! Und das ist es, was bedingungslose Liebe zu Dir selbst ausmacht. Abnehmen tust Du für Deine Gesundheit, nicht um mehr wert zu sein! Wertvoll bist Du jetzt schon!
ONCE I START LOVING MYSELF, THE REST FALLS INTO PLACE
Eure Viola
#iamenough
Liebe Viola, sehr gut geschrieben und reflektiert. Nur, warum steht man nicht zu dem was man ist. Die Kilos Übergewicht kann man doch hinnehmen, scheiß drauf, was andere darüber denken. Versuch dich wohlzufühlen, das bist du, basta.
Vergess deine Musik nicht, die ist viel wertvoller als eine Bikinifigur
Liebe Grüße
Richard
Lieber Richard, danke für Deinen lieben Kommentar! Es gibt ganz sicher Wichtigeres als eine Bikinifigur, da hast Du vollkommen recht. Die Musik gehört dazu, defintiv, auch die bedingungslose Liebe zu sich selbst. Übergewicht kann man hinnehmen und sich auch damit wohlfühlen. Das entscheidet jeder für sich. Die Kilos entscheiden auch nie über den Wert eines Menschen und ob man ihn ernst nehmen sollte oder nicht. Zur meiner persönlichen Selbstliebe und -fürsorge gehört aber, dass ich für mich entschieden habe, gesünder zu leben, mir Gutes zu tun. Das hat dazu geführt, dass ich abgenommen habe. Ich freue mich, wenn ich weiter abnehme, weil ich mich leichter fühle, mich mehr bei mir selbst fühle als mit 100kg. Ich quäle mich aber nicht mit Diäten, ich quäle mich nie mehr! Das sollten wir alle niemals tun! Ich wünsche Dir ein sonniges Wochenende! Liebe Grüße, Viola
Liebe Viola,
Dein „Dicken-Post“ ist zwar nun schon über 2 Jahre her, allerdings bin ich (leider) erst vor Kurzem zufällig auf Deinen Blog gestoßen – und „arbeite“ mich jetzt durch Deine einzelnen Posts.
Zuerst einmal möchte ich Dir gerne mitteilen, dass Du wirklich schöne Texte verfasst, die mich persönlich ansprechen und Dein Schreibstil ist einfach wunderbar!
Zu obigem Post muss ich Dir unbedingt einen Kommentar „hinterlassen“, denn während ich ihn las, kam es mir beinahe so vor, als würdest Du über mich schreiben.
Mir ergeht es schon seit Jahren ebenso wie Dir – in „schlechten“ Zeiten sind es durchaus 30 Kilos, die meinen Körper zusätzlich „belasten“, manchmal auch 20 Kilo – und ich war auch schon mehrmals kurz vor dem „Ziel“ angekommen, gut 5 bis 6 Kilo entfernt von meinem Wunschgewicht.
Aber wie Du schreibst, es kommt ja dann doch immer was „dazwischen“ (Liebeskummer, viel Arbeit, Stress in der Familie, etc.) und ohne es groß selbst zu „bemerken“ klettert der Zeiger der Waage wieder stetig in die falsche Richtung.
Obwohl man ja beim Zunehmen eher weniger bis gar nicht mehr auf die Waage steigt… denn das tut man eigentlich nur, wenn man davon ausgehen kann, das Gewicht verringert sich kontinuierlich in die richtige, in die „schöne“ Richtung…
Klar habe ich es genauso seit Monaten (JAHREN?) immer in meinem Hinterkopf, dass ich es nochmal „so richtig“ angehen sollte (MÜSSTE!) und es endlich, endlich, ENDLICH schaffe, mich in meinen Wohlfühl-Körper zurück zu kämpfen.
Schließlich bin ich nun über 40 und wenn nicht jetzt nochmal, wann dann…??
Und ich sehe das genauso wie Du, ich möchte vor allem wieder gesünder, fitter, ausdauernder sein, als es momentan der Fall ist.
Wir haben einen 12- jährigen Sohn, der wirklich SEHR sportlich und schlank ist – auch mein Mann ist immer schon recht sportlich unterwegs und außerdem 10 Jahre jünger als ich.
Da ich zum Glück mindestens 10 Jahre jünger aussehe (und auch jedesmal von anderen geschätzt werde), als ich tatsächlich bin, macht mir das (bisher) keine Sorgen, allerdings kann ich – Schlappsack und Couchpotatoe, die ich nun mal mit sehr viel Hingabe BIN – natürlich sportlich und unternehmungs-technisch schon lange nicht mehr mit meinen beiden Männern mithalten.
Und das stört mich immer mehr.
Auch möchte ich mir so gerne wieder mal so richtig schöne Klamotten kaufen gehn und sie mit Stolz zu tragen, weil ich so gut darin aussehe.
Dein Post hat mir jetzt einfach den Mut und die Kraft vermittelt, sozusagen den letzten „Schupps“ dazu gegeben, den ich noch brauchte, um es tatsächlich nochmal WIRKLICH anzugehen – meinen ganz herzlichen Dank dafür an Dich! – und, genau, wie Du es schreibst:
Natürlich WEIß ich, genauso wie jede/r andere Dicke, WIE das funktioniert und WAS ich tun muss, um endlich mal wieder mein Ziel ins Auge zu fassen und diesem mit vielen kleinen, (aber steten!) Schritten entgegen zu gehen.
Danke Dir nochmal!
Ganz liebe Grüße aus Stuttgart
von Nicole
Liebe Nicole,
ich habe mich von Herzen über Deinen Kommentar gefreut! Der Grund, warum ich schreibe, ist es, dass Menschen sich darin wiederfinden und eventuell diesen berühmt berüchtigten „Schupps“ spüren. Wenn ich Dir helfen konnte, macht mich das sehr glücklich!
Ja, die letzten zwei Jahre war es still auf dem Blog. Ich hatte eine ziemlich harte Schwangerschaft und auch lange nach der Geburt schwere postnatale Depressionen. Das Chaos, das dadurch verursacht wurde, muss jetzt erstmal beseitigt werden. Mir geht es wieder gut, aber ich komme noch nicht so richtig zum Schreiben. Ideen sammele ich aber und habe ganz fest vor weiterzumachen. Und auch Du hast mir einen wichtigen „Schupps“ gegeben, denn wenn ich hier tatsächlich etwas bewegen kann, möchte ich das auch in Zukunft tun. Ich danke Dir und wünsche Dir ganz viel Erfolg beim Erreichen Deines Wunschgewichts. Ich bin auch wieder dran (viiiele Schwangerschaftskilos) und es ist unglaublich, wieviel besser man sich fühlt, wenn man es denn endlich angeht. Der Anfang ist schwer, aber es wird leichter (im wahrsten Sinne des Wortes 😉 )! <3
Liebe Grüße,
Viola